Unihockey-Herren
Text: Kilian Küttel
Bild: Armin Camenzind
Die Unihockey-Herren fegen Astoria Hellbühl mit 15:2 aus der Halle, scheitern zwei Tage später im Cup-Viertelfinal am Gegner aus Rickenbach. In der Verlängerung. Nach verpasster Vorentscheidung. Was für ein Spiel.
Die meisten bemerken es nicht einmal. Als das letzte Tor für die Fight Pigs fällt, hat das Gros der Zuschauerinnen und Zuschauer in Reihe 1 und 2, haben die meisten Fans in der Stehplatzabteilung und viele der Spieler auf der Bank die Wand gegenüber im Blick. Auf der Uhr geht Sekunde um Sekunde dahin, in herrlicher Konstanz für die Hausherren. Und in einer unerbittlichen Geradlinigkeit für den Gegner.
Doch das Spiel hätte noch Stunden dauern können, es hätte alles nichts mehr genützt. Zu stark, zu konsequent, zu entschlossen waren die Unihockeyherren an diesem Donnerstagabend, als dass der Gegner aus Hellbühl viel zu melden gehabt hätte.
Ein fairer Gegner, ein famoser Heimely und ein Ulrich on fire
Und so branden keine Jubelstürme los, als die Uhr zum dritten Mal an diesem Donnerstagabend auf die 20 springt – und mit dem Resultat von 15:2 den Sieg für die Gersauer Unihockeyaner besiegelt, die sich schulterklopfenden und grinsend im Torraum versammelt hatten als wüssten sie nicht recht, wie viel dieser Sieg wert ist. Dass das einfach ging, wird wohl auch der Gegner aus Hellbühl so gesehen haben, der sich trotz Unterlegenheit und Rückstand weder zu Fatalismus noch zu Unsportlichkeit hinreissen liess; im Gegenteil als fairer Kontrahent beste Werbung in eigener Sache machte. So, wie auch einige Akteure aus den Reihen der Gersauer. Etwa ein Fabian Heimely Camenzind, der sich mit der Durchschlagskraft eines sehr kompakten, sehr gedrungenen Panzers durch die Reihen der Abwehrspieler pflügte und die Türme in der Verteidigung hinter sich liess wie Marcel Camenzind (Gersaus Antwort auf Marco Odermatt) die Slalomstangen in seinen besten Tagen. Oder ein Adrian Ulrich, der sich trotz kurzzeitiger Benommenheit rasch von einem Rencontre mit einem dieser Türme erholte, nur um danach – zwar etwas grau im Gesicht – weiterzumachen als erhielte er eine Torprämie in Pampers ausbezahlt. Ja, als am Donnerstagabend die Trycheln und Pauken verklungen waren, das Publikum seine Plätze verlassen hatte und sich die Unihockeyherren ans Aufräumen machten, musste jede und jeder in blau und rot von einem gelungenen Abend sprechen. Und niemand wusste, was noch kommen sollte.
Eine folgenreiche Passstafette
42 Stunden später. Während Stefan Rüttimann im Gersauer Tor Löcher in den Boden stiert und neben ihm ein gebrochener Markus Waldis kauert, sitzt auf einem Stühlchen abseits des Spielfelds Röbi Nigg. Die Taktiktafel fällt ihm beinahe aus der Hand, im Gesicht hängt ihm ein Ausdruck als hätte ihm jemand gesagt, dass das Christkind nicht kommt. Nicht dieses, nicht nächstes Jahr, überhaupt nie mehr. Weil man sich bei ihm unbeliebt gemacht hat. Weil sich die Unihockeyaner unter Niggs Übungsleitung nicht für einen aufopferungsvollen Kampf belohnten, sich stattdessen in einem Aufeinandertreffen geschlagen geben mussten, für das jemand einmal den Begriff Cupfight erfunden hat. Mit 10:9. Nach zwei Minuten in der Verlängerung. Nach einem Freistosstor als Folge einer Rückpassstafette, zu der sich die beiden Pechvögel, die da im Torraum lagen, genötigt gesehen hatten. Und nachdem man gegen Mitte des letzten Drittels nicht nur mit 8:6 in Front war; sondern auch, nachdem ein Gersauer das 9:6 auf der Kelle hatte. Hätte er getroffen, wäre danach höchstwahrscheinlich der Mist geführt gewesen wie im [um persönlichen Präferenzen gerecht zu werden, können Sie hier sehr gerne selber ein Gersauer Heimet Ihrer Wahl einfügen].
Aber nein, statt den Fight Pigs lagen sich die Kontrahenten aus Rickenbach in den Armen, feierten ihren Einzug ins Cup-Halbfinale, dass es auch dem treusten Kampfschwein warm ums Herz geworden wäre, hätte es denn andere Gefühle als Trauer und Enttäuschung empfinden können. Wozu die ersten Minuten nach dem Schlusspfiff niemand fähig war – und was vermutlich länger als unbedingt notwendig anhielt, weil die Gersauer an diesem Nachmittag vieles richtig gemacht hatten: Trotz zehn Gegentoren hatten sie die stocktechnisch versierten und abschlussstarken Rickenbacher über weite Strecken im Griff, profitierten von etlichen abgefangenen Pässen und liessen Rickenbach bei eigenem Ballbesitz regelmässig nur mit Mühe zum Verschnaufen kommen. Und wenn Aufopferung, Schläue und Härte in der Verteidigung nicht mehr reichten, konnten sich die Gersauer nicht nur auf Stefan Rüttimann, sondern im ersten Drittel auf einen starken Andy Vinzens im Tor verlassen, der mehrmals Reflexe unter Beweis stellte, von denen man sich beim Gegner fragen musste, woher denn das gekommen war.
Ja, trotz Ausscheiden und Enttäuschung – dieser Cup-Niederlage gibt es viel Gutes abzugewinnen: Moral, spielerische Verve und Esprit, allen voran aber – und einmal mehr – den Teamgeist. Als am Samstagnachmittag die Jubelrufe der Rickenbacher auf deren Weg in die Kabine langsam abebbten, Markus Waldis und Stefan Rüttimann sich gegenseitig aufgeholfen hatten, und hinter Röbi Niggs Augen das Leben langsam wieder Einzug hielt, setzte sich bei manchem schon die Erkenntnis durch, dass das Leben weitergeht. Und die Hoffnung wurde wach, dass das Christkind dieses Jahr vielleicht ja trotzdem kommt.
Telegramm:
Fight Pigs Gersau – Astoria Hellbühl 15:2 (4:1 / 6:0 / 5:1)
Fight Pigs Gersau – STV Rickenbach 9:10 n.V. (4:4 / 4:2 / 1:3 / 0:1)
Für die Fight Pigs spielten:
Vinzens (Rüttimann), Barmettler, F. (Glattenberg) Camenzind, F. (Heimely) Camenzind, M. Camenzind, P. Camenzind, Gut, Janser, K. Küttel, Müller (nur Sa), Ulrich, Waldis, Nigg (Coach).